Hart verhandeln – ein paar Tips

Hart verhandeln im Sinne von hartnäckig verhandeln hat nichts mit rüpelhaftem Auftreten oder borniertem Gehabe zu tun. Auch hysterische Anwandlungen oder Machtgehabe sind eher Anzeichen für Ideenlosigkeit, oder vielleicht schon ein Zeichen von Schwäche.

Verhandeln verlangt, sich immer wieder neu auf das Thema, auf das Anliegen zu konzentrieren und sich nicht ablenken zu lassen. Das setzt voraus, in sich selbst klar zu sein, in der Sache klar zu sein und diszipliniert bei der Sache zu bleiben. Das gilt grundsätzlich für jedes Verhandlungsgespräch. So weit, so nett.

Hartes Verhandeln zieht nicht immer notwendiger Weise auch ein aggressives Gesprächsklima nach sich. Manchmal aber schon. Denn hart verhandeln bezieht einen weiteren, wesentlichen Aspekt mit ein: Müssen Sie hart verhandeln, führt Sie dies in eine Konfrontation. Hier wird nicht mit Wattebäuschchen geworfen. Sind Sie bereit zu kämpfen? D.h. auszuteilen und einzustecken? Haben Sie sich damit abgefunden, möglicherweise zu scheitern? Trauen Sie sich zu, jederzeit Ihr Gesprächsverhalten um 180 Grad drehen zu können? Trauen Sie sich zu, auch eine harte Konfrontation gütlich zu beenden? Wenn nicht, lassen Sie das mit dem hart verhandeln lieber. Ihr Gegenüber wird Ihre Angst riechen, und die Verhandlung ist vorbei.

Den vielen Ratgebern und Büchern möchte ich ein paar Gedanken hinzufügen:

Verhandlung vorbereiten
Es ist eigentlich banal, aber ich staune immer wieder, wie unglaublich schlecht vorbereitet die große Masse der Diskutanten ins Rennen geht (wie viele Anwälte kennen den Inhalt ihrer eigenen Klageschriften nicht!). Daher erwähne ich dies noch einmal: Hart verhandeln beginnt mit harten Fakten und guter Vorbereitung! Ohne Vorbereitung können Sie sich zwar raufen und prügeln, aber nicht hart verhandeln.
Das bedeutet für Sie, hier schon den ersten großen Hebel in der Hand zu haben. Nutzen Sie ihn! Wissen ist Macht! Im Einzelnen geht es um notwendige Fakten, mögliche tatsächlich zwingende Umstände und Gegebenheiten, um Datum, Uhrzeit, Menge und Gewicht. Zur Abgrenzung sei gesagt, dass es nicht um Vermutungen (der wird sicher wieder…), Unterstellungen (der will bestimmt bloß…) und Hellseherei (der wird bestimmt wieder…) geht. Bleiben Sie sachlich und stellen Sie sicher, dass Sie auch die für Sie unangenehmen Fakten gewürdigt haben.

Vorbehalte analysieren
Häufig ist uns unser Gesprächspartner nicht unbekannt, oder es gibt sogar eine umfassende Vorgeschichte. Analysieren Sie mögliche Vorbehalte, auch Ihnen persönlich gegenüber, und suchen Sie darin die versteckten Bedürfnisse Ihres Gesprächspartners. Beispiel: Ihr Gegenüber hat Sie schon wegen Ihrer Hemdsärmeligkeit gerügt. Irgendwie sind Ihre Vorschläge nicht konkret genug. Daraus könnte man ein Bedürfnis nach Greifbarem, nach direkt in die Tat Umsetzbarem machen. Anstatt im Gespräch gegen den Vorwurf der Hemdsärmeligkeit zu wettern, machen Sie konkrete Handlungsangebote und laden Sie ein. Die anschließende Diskussion geht häufig nicht mehr um das “ja-oder-nein”, sondern um das “wie”. Wenn Sie für sich klar haben, wo Ihre Grenzen sind, können Sie jetzt mit etwas Entgegenkommen Ihr Ziel schnell erreichen. Und bitte keine falsche Eitelkeit: Vielleicht sind Ihre Vorschläge wirklich hemdsärmelig!?

Grenzen klären
Ein ganz wichtiger Punkt! Womit können Sie leben? Womit müssen Sie leben? Wo sind Ihre Schmerzgrenzen? Hier gilt: weniger ist mehr. Wir neigen dazu, die Anforderungen schnell in schwindelerregende Höhen zu treiben. Das ist wie beim Fast-Food-Drive-In. Eigentlich sollte es nur eine kleine Pommes sein, aber dann kam der Hunger (s.u.). Wenn wir ein ehrgeiziges Verhandlungsziel auf Biegen und Brechen durchsetzen wollen, bieten wir viel Angriffsfläche. Unser Gegenüber braucht sich nur zurück zu lehnen und gelegentlich ein paar Steine und Stöcke schmeißen. Schließlich wollen Sie ja was, nicht er. Das werden Sie sicher schon erlebt haben. Finden Sie den neuralgischen Punkt. In jeder Angelegenheit gibt es einen Punkt, einen Kern, eine einfache Wahrheit. Wenn Sie den gefunden haben, vergessen Sie den Rest, und konzentrieren Sie sich wie ein Brennglas auf diesen Aspekt.

Hunger und das Weniger wollen
Hunger ist ganz schlecht (s.o.). Was hilft, ist die Kunst des weniger Wollens. “Übe Dich im Ohne-tun, nichts, dass ungetan bliebe”, so die passende Stelle aus dem Tao des Konfuzius. Diese Kunst ist hier schwer mit Worten zu vermitteln. Aber vielleicht können Sie sich vorstellen, welchen Unterschied es macht, ob Sie vor jemandem sitzen und fordern, eben wollen, oder ob Ihr Gegenüber wahrnimmt, dass Sie ein Geheimnis haben, dass Sie aber nicht so leicht preis geben. Ein erster Einstieg in das Ohne-tun.
Bereiten Sie sich darauf vor, möglicherweise entstehende Gesprächspausen auszuhalten. Halten Sie den Mund! Wer jetzt zuerst spricht, hat in 90% der Fälle verloren. Das hat verschiedene Gründe. Hüten Sie sich davor, jetzt vorzulegen oder das Gespräch am Laufen zu halten. Damit übernehmen Sie die Initiative, damit die Verantwortung für das Gespräch und damit auch für das Gelingen des Gespräches. Das würde Sie erheblich einengen. Denken Sie daran: Sie sind gerade hart am verhandeln und nicht dabei, Freunden aus einer peinlichen Situation zu helfen.

Bleiben Sie hart
Vielleicht haben Sie schon beobachtet, dass ein Großteil der Zeit und Energie während Diskussionen in Ablenkungsmanövern stecken bleibt. Je fokussierter Sie sind, desto mehr versuchen manche Gesprächspartner abzulenken, zu pauschalisieren, zu relativieren, zu verdribbeln oder zu vertagen. Ziel ist es – ganz klar – Ihren Fokus zu schwächen. Denn das schwächt auch Ihre Durchschlagskraft. Jetzt ist der Moment gekommen, hart zu bleiben, auch gegen sich selbst! Bleiben Sie konzentriert bei Ihrem Anliegen, Ihrem Fokus! Lenken Sie immer wieder dorthin! Dazu kann es nützlich sein, wenn Sie sich Notizen machen. Nehmen Sie sich Zeit, Ihre Notizen durchzugehen. Steht dort etwas befriedigendes? Wenn nicht, weiter verhandeln! Das Führen von Notizen kann Ihnen ebenfalls helfen, sachlich zu bleiben und ggf. das Gespräch zu entschleunigen.
Achten Sie besonders auf Möglichkeiten, die Konfrontation bald möglichst in ein freundlicheres Fahrwasser münden zu lassen. Dazu gehört die gegenseitige Gesichtswahrung sowie empathisches Zuhören und spiegeln des Gesprächspartners. Das braucht menschliche Größe, vor allem nach einer harten Konfrontation mit einem Menschen, den wir dazu auch noch unsympathisch finden. Aber Sie müssen Ihr Gegenüber nicht lieben, um emphatisch, d.h. einfühlsam zu sein.

Ausreden lassen erzeugt Widersprüche
Wie verwickelt man jemanden in Widersprüche? Einfach ausreden lassen. Also lassen Sie die Leute doch ausreden! Machen Sie Notizen. Die meisten Menschen sind schlecht vorbereitet, haben die eigenen Thesen nicht zu Ende gedacht oder haben gar nicht gedacht. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis Ihr Gegenüber eine Vorlage liefert.

Wunden lecken
Nach einer als negativ empfundenen sozialen Interaktion braucht es fünf bis sieben positive Interaktionen, um gegenseitiges Vertrauen und Kontinuität im Umgang wieder herzustellen. Hartes Verhandeln bringt also mitunter eine ganz erhebliche Hypothek mit sich. Sie tun also ggf. gut daran, im Nachgang deutliche Schritte auf Ihren Verhandlungspartner zuzugehen und ausreichend positive Angebote zu unterbreiten, sofern die Aufrechterhaltung der Beziehung von Interesse ist. Letztlich müssen in dem Klima, dass Sie verbreiten, nicht nur andere, sondern auch Sie selber leben.

2 Gedanken zu „Hart verhandeln – ein paar Tips

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