Viele Jahre später, oder: Das Land braucht mehr Feuerläufer!

„Die Welt braucht mehr Verrückte! Seht, wo die Normalen uns hin gebracht haben!“ G.B. Shaw

Hennefer Sofa 2009Gäste und Moderatoren des Hennefer Sofas am 30.10.2009 (Foto: Martina Klein)

Es ist schon ein besonderes Erlebnis, nach über 20 Jahren vom damaligen Englischlehrer, jetzt Co-Moderator, zum Lebensweg befragt zu werden. Auch eine gute Gelegenheit, diverse Ankündigungen mancher Pädagogen und Hellseher von damals zu überprüfen. Denn wer hat nicht jene Aussagen gehört, die mit „Wenn Du so weiter machst, dann..“ oder „Aus Dir wird sicher mal…, so wie Du …“ beginnen.

Nein, aus mir ist tatsächlich nichts geworden, was in den Wertungen meiner damals berufsbedingt Aufsichtspflichtigen etwas „Anständiges“ oder etwas „Handfestes“ gewesen wäre. Nein, Feuerlauftrainer wäre wahrlich etwas anderes gewesen! Und hätte ich 1974 meiner Klassenlehrerin in der Grundschule prophezeit, dass mir ihr Gemecker in Form einer automatischen Rechtschreibhilfe eines computergestützten Textverarbeitungsprogrammes erhalten bleiben würde und ich darüber hinaus – oder trotzdem – glücklicher 2-facher Guinness-Rekordler im „barfuss über heiße Herdplatten gehen“ werden würde, darüber hinaus noch mein Geld damit verdienen würde, ich wäre unweigerlich zum hoffnungslosen Fall eines Sonderschülers ernannt worden.

Anders als die Rechtschreibfunktion, die nicht nur Fehler erkennt, sondern auch nach besten Wissen und Gewissen Verbesserungsvorschläge unterbreitet, blieb es bei vielen Lehrern seinerzeit bei der Bemängelung von Sozialverhalten und Lernerfolg. Konstruktive Vorschläge? Fehlanzeige. Statt dessen gab es düstere Prophezeihungen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Viel zu machtvoll ist das taktische Kalkül, sich später nicht am eigenen Wort bzw. an der Wirksamkeit des unterbreiteten Verbesserungsvorschlages messen zu lassen. Das lernt man schon im Grundstudium. Also bleibt es dabei: Textverarbeitungsprogramme lernen schneller eine neue Sprache als manche Lehrer die konstruktive Gestaltung der Erziehungspartnerschaft mit den Eltern.

Doch warum ist von manchen Lehrern so wenig Konkretes zum effizienten Lernen zu hören, hingegen aber detaillierte Prognosen zur Entwicklung einzelner Schüler über Zeiträume hinweg, angesichts derer sogar langfristig denkende Anlageberater blass werden? Nun, fragen Sie Ihre Lehrer doch 20 Jahre später mal, wie dies oder jenes seinerzeit gemeint war! Sie ahnen es schon, gel? Richtig! Wer hätte das seinerzeit gedacht, dass es mal Computer mit Textverarbeitung gibt!

Allzu nachtragend will ich da nicht (mehr) sein. Obwohl heute, bei dem Versuch, die eigenen Kinder unbeschadet durch das Schulsystem zu manövrieren, alte und ungeklärte Konflikte aufplatzen wie Bläschen in der Brause. Unser real existierendes Schulsystem ist der Planwirtschaft näher als moderner Wissenschaft: Wer sein vorgegebenes Soll nicht erfüllt, hat ein Problem und bekommt gleich weitere in Aussicht gestellt. Mit im Soll enthalten ist die Schrittweite, mit der Kinder in ihrer Persönlichkeit zu wachsen haben. Was die Wächter des Systems eben zu jenen, oben angeführten Verheißungen befleißigt. Klar: Wer seine Vokabeln nicht lernt, der wird kaum glücklich und erfolgreich werden können! Oder? Dabei ist gerade unser Schulsystem mit seinen Protagonisten das Paradebeispiel gescheiterter Persönlichkeitsenwicklung. Ein Lehrer in Deutschland wird im Schnitt 15 mal schneller Mobbingopfer unter Kollegen als ein Sachbearbeiter eines Großkonzerns.

Nein, nichts von all den Weissagungen ist eingetreten. Es geht mir gut, ich habe eine tolle Familie, verdiene mit einem abwechslungsreichen und anspruchsvollen Beruf den Lebensunterhalt und werde von meinen Lehrern gefragt, wie es denn dazu kommen konnte. Man sieht sich eben immer zwei mal.

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