Schon mal ein Pulverfass ausgebrütet?

Revolution in Ägypten, Umsturz in Tunesien, Unruhen in Algerien, Kämpfe in Libyen – harte Zeiten für Diktatoren in Nordafrika. Ein Gespenst geht um – Machthaber in aller Welt fürchten den Aufstand, schnell koordiniert via Facebook, Twitter und Co. Wie im Großen, so im Kleinen: „besitzt“ nicht jeder von uns ein Pulverfass? Nein? Sie nicht? Wenn Sie meinen…

So ein ausgewachsener Konflikt ist schon etwas Feines (zur Klarheit: Gewalt oder gar Verletzte und Tote etc. sind gar nichts Feines, das ist hier nicht gemeint). Finden Sie nicht? Doch, ich schon. Wir haben viel zu wenig davon. Wenn es so richtig knirscht oder gar kracht, ist jedem klar, dass es etwas zu klären gibt. Das ist einer der Vorteile.

Ob es dann auch geklärt wird, ist natürlich eine andere Frage. Da gehört mitunter noch manches Öl ins Feuer, damit ein Konflikt nicht vorzeitig unterm Teppich landet. Gäbe ja sonst häßliche Brandflecken. Bei Hühnereiern ist das so: Wenn man lange genug darauf sitzen bleibt, damit sie schön warm bleiben, kommt etwas lebendiges raus. Bei Konflikten ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass das Aus sitzen etwas lebendiges hervorbringt; genau wie bei Lorbeeren, auf denen mancher Zeitgenosse genüsslich herum brütet. Da hilft es auch nichts, wenn man eine ausgetüftelte Nachfolgeregelung erfindet, wer nach dem Ableben des Lorbeer-Erwerbers eben jene weiter bebrütet.

Aber ich schweife ab. Das Gegenteil von Konflikt ist? – Nein, eben nicht!

Keinen Konflikt zu haben, in dem es vielleicht schon gut hör- und sichtbar knirscht oder gar kracht, bedeutet nicht die Abwesenheit von Konfliktpotenzial. Das ist das Gemeine daran. Man sitzt eben manchmal auf einem Pulverfass, ohne es zu ahnen. Ob wissentlich oder nicht, auch Pulverfässer lassen sich nicht ausbrüten, auch wenn sie ein mitunter sehr reges Innenleben haben, was sie von Lorbeerkränzen unterscheidet.

Und nun zur Sache:
Für all jene unter Ihnen, liebe Leser, die sich immer wieder von Pulverfässern überrascht sehen, hier nun der neuerlich Hinweis, peinlich auf den Zustand der Lunte zu achten! Zeigt sich die Lunte hell gelb leuchtend, vielleicht auch dampfend und zischend, ist Gefahr in Verzug. Merken Sie sich das! In diesem Zustand des langsamen Dahinscheidens kennt diese nur noch ein Ziel, nämlich ihren Zweck zu erfüllen und so ihrem Leben einen Sinn zu geben. Und damit wird sie nicht bis zum nächsten Meeting, TOP Sonstiges, warten! Das tun nur Zündschnüre, die schon etwas nass geworden ist.

Und noch eins: Versuchen Sie nicht, die Lunte auszuquatschen, indem Sie versuchen zu relativieren oder sie zu einer Pause animieren suchen. Glauben Sie mir, die Lunte nimmt ihre Bestimmung sehr ernst. Sie können natürlich jetzt zusehen, wie das Flämmchen unter Ihrem Allerwertesten verschwindet und hoffen, dass der Knall nicht zu groß wird. Manche Menschen haben ja direkt Spaß an dieser Angsterfahrung. Aber etwas Lebendiges kommt dabei, wie gesagt, nicht vor. Das haben explodierende Pulverfässer so an sich. Anderenfalls machen Sie sich jetzt ganz rasch auf und holen einen großen Eimer Wasser! Könnte sein, dass Sie dabei merken, dass Ihre Beine eingeschlafen sind. Aber dazu später.

Sofern Sie ein sanftes Interesse daran spüren, vielleicht doch dem nächsten Knall zu entgehen, und Ihnen das mit dem Eimer Wasser zu lästig ist, hier ein paar Hinweise auf mögliche Indikatoren. Gehen wir zu dem Beispiel mit der Henne und dem Ei zurück. Wann wird das Küken schlüpfen? Wenn die Henne es ausgebrütet hat. Was muss die Henne dafür tun? NIX! Einfach da sitzen und warten. Höchstens mal ein wenig picken gehen, aber dann schnell zum Gelege zurück. Was heißt das für uns? Je länger wir schon regungslos irgendwo sitzen, desto höher die Knall-Wahrscheinlichkeit.

Wo haben Sie eigentlich ursprünglich Platz genommen? Kommen da viele Menschen vorbei? Werden Sie gelegentlich von denen auch angesprochen? Ja? Treffen die sich gelegentlich auf einem Haufen, um so dies oder jenes zu besprechen? Wenn das auf Sie zutrifft, und Sie nicht gerade unter einer Brücke liegen, dann haben Sie vermutlich ein erhöhtes Pulverfass-Risiko. Rein berufsbedingt schon. Diese Menschen könnten gelegentlich etwas von Ihnen wollen! Wenn Sie dann für diese Menschen nicht erkennbar auf die Ansprache reagieren, werden diese sich versichern, dass mit Ihnen noch alles in Ordnung ist. Das ist dann wie bei Leuten, die regungslos unter der Brücke liegen: erst sanft ansprechen, dann lauter. Kommt nichts, wird dran gerappelt, an der Jacke gezupft. Kommt immer noch keine Reaktion, wird man versuchen, die reglose Person an einen anderen Ort zu verfrachten. Und da kommt das Pulverfass ins Spiel. Während man eine hilflose Person unter der Brücke mittels Bare und Transporter entfernt, könnte dies in Ihrem Fall, na? Genau! Es könnte der recht unsanfte Versuch unternommen werden, Sie per Luftfracht zu befördern. Also der bombensichere Tipp: Sprechen Sie mit den Menschen, die an Ihnen rappeln! Sonst kracht es! Nein, nicht ausquatschen! Zuhören!

Tja so ist das manchmal. Wie war der Spruch vom teuren Führungskräftetraining noch? Wer nicht an sich arbeitet, an dem wird gearbeitet. Aber trösten Sie sich. Aus explodierenden Fässern kommt ja bekanntlich nur Schall und Rauch, gel? Also kein Grund zur Sorge. Schlafen Sie gut! Man wird Sie schon wecken, wenn es Zeit ist.

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